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Die Welt der kleinen Krabbeltiere

Der Mimikry-Kreis der Wespe: Hornisse

 

Die Hornisse (Vespa crabro) gehört ebenfalls zur Familie der Faltenwespen und nistet z.B. in Hohlräumen alter Bäume oder in alten Nistkästen. Sie ist sicherlich die Wespenart, um die sich hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit die meisten Legenden ranken. "3 Hornissenstiche töten einen Menschen und 7 ein Pferd" ist wohl die bekannteste. Die Legenden- bildung wird durch die respekteinflößende Größe (die Arbeiterinnen werden 18-25 mm lang, die Königinnen können 25-35 mm erreichen) gestützt. 

Tatsache ist, dass Hornissenstiche ungefährlicher sind als die Stiche von Honigbienen. Die Frage ist: wie kann man eine solche Aussage mit messbaren Daten belegen? 

Hornisse (Vespa crabro)

Als Maß für Giftigkeit existiert die sogenannte "letale Dosis" (LD), d.h. die Menge eines Giftes, die für einen Organismus tödlich ist. Diese wurde an Versuchstieren ermittelt. Bei der LD wird angegeben, wieviel % der Tiere bei dem Versuch gestorben sind. Beispielsweise spricht man bei 50% von der LD50. Sie ist ein häufig verwendetes Maß für Aussagen über die Giftigkeit eines Stoffes. Die LD wird nicht auf die Anzahl der verwendeten Versuchstiere, sondern auf 1 kg ihres Körpergewichtes umgerechnet, z.B. "kg Maus" oder "kg Ratte". 

Die Ermittlung der letalen Dosis wirkt zwar brutal, weil man weiß, dass dafür viele Versuchstiere sterben mussten. Sie ist aber in einem solchen Fall die einzige Möglichkeit, das Reich der Legenden zu verlassen und zu aussagefähigen Daten zu gelangen.

Die LD50 vom Gift der Hornisse beträgt 150-180 Stiche pro kg Maus. Die LD50 vom Gift der Honigbiene beträgt nur 40 Stiche pro kg Maus. Damit ist der Stich einer Honigbiene etwa viermal so giftig wie der Stich einer Hornisse.

Da Mäuse auch Säugetiere sind, geben sie einen Hinweis darauf, was die letale Dosis für einen Mensch sein könnte. Man kann allerdings nicht direkt daraus ableiten: "Für einen Menschen, der 70 kg wiegt, wären demzufolge 70x150 = 10.500 Stiche mit 50%iger Wahrscheinlichkeit tödlich", denn die Stoffumsetzungen bei einer Maus unterscheiden sich trotz der Verwandtschaft von den Stoffumsetzungen des Menschen.  

Da man natürlich keine derartigen Versuche mit Menschen machen kann, dienen solche Versuche nur der groben Orientierung für die Auswirkungen auf den Menschen. Ich habe bei mehreren Arbeiten über derartige Versuche feststellen können, dass für eine abgeleitete Aussage über die Gefährlichkeit für Menschen ein Divisor von 10 verwendet wird. Damit käme man auf eine Zahl von 1.050 Stichen, bei denen eine Lebensbedrohung in denkbare Nähe rücken könnte. Man muss also schon sehr viele Hornissenstiche abkriegen, um an ihrem Gift zu sterben, und es wird wohl - ähnlich wie bei den Mäusen - etwa die vierfache Menge der Honigbienenstiche sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass sich in der einschlägigen Literatur keinerlei Hinweise auf Todesfälle durch Hornissen finden. Würde die Legende mit den drei Stichen stimmen, wären sicherlich viele Todesfälle bekannt und beschrieben.

Doch man müsste schon Einiges dafür tun, um Hornissen überhaupt zum Stechen zu bringen. Sie nisten zwar durchaus im Siedlungsbereich, von selbst aber kommen sie nicht zu uns - denn auch sie stehen nicht auf Limo und Sahnekuchen. 


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Foto: José Verkest, Text: Maria Pfeifer